In meinem Kollegenkreis ist bekannt, dass ich mich in der Freizeit mit dem Thema 3D-Druck beschäftige. Kein Wunder, denn auf meinem Schreibtisch steht recht plakativ der Gremlinkopf, den ich in einem der Artikel beschrieben habe. Da wird natürlich nachgefragt.
Ein Kollege stellte mir dann vor 3 Wochen die Frage, ob ich ihm eine Form für ein Wappen erstellen könnte. Seine Frau stellt in aufwändiger Handarbeit sehr schöne Kerzen her. Anläßlich des 750-jährigen Jubiläums von Kipfenberg wollte Frau Gerhart Kerzen mit dem Wappen von Kipfenberg fertigen. Bilder des Wappens sind ja leicht zu finden, – und er hatte sogar ein paar Entwürfe Farbausdruck dabei …
Es gibt diverse Möglichkeiten diese Aufgabe anzugehen. Einige (CAD-) Programme sind sogar in der Lage aus Grafiken dreidimensionale 3D-Gitter zu erzeugen. Ich hatte kurz sogar an die Erstellung eines Lithophanes gedacht. Ich habe mich dann doch für die konstruktive Methode entschieden, da es auch ein paar Randanforderungen gab. Man sieht das im obigen Bild.
Wie dann der fertige Druck auf die Kerze kommt, wird am Ende des Artikels verraten.
Wie immer nutzte ich zur Konstruktion FreeCAD.
Alle Hardcopies wurden nach Fertigstellung und einer Überarbeitung erstellt. Deshalb ist in der Skizzendarstellung immer schon das fertige Teil zu sehen.
Die Basisplatte ist natürlich keine Herausforderung. Die Skizze wird ein paar Milimeter aufgepolstert, sodaß eine Platte entsteht.
Die Wappenfläche wird aus Geraden und Kreissegmenten konstruiert. Auch hier wird natürlich ausgepolstert. Hier setzte dann auch der erste Änderungswunsch an. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Wappenfläche nicht dick genug zu Verarbeitung war. Eine Änderung von 3 auf 6 mm brachte den gewünschten Erfolg.
Da das fertige Wappen genau im Koordinatenursprung liegt, entsteht hier der Eindruck, dass einige Abmessung im Nirgendwo anfangen. Alles orientiert sich am x/y-Koordinatenursprung.
Die Einfassung des Wappens war ebenfalls mit einer Änderung anzupassen. Der ursprünglich 1mm starke Rahmen war in der weiteren Verarbeitung zu schmal. Also auch hier Verdoppelung auf 2mm. Der äußere Teil des Rahmens hat mich dann bei der Änderung auch viel Zeit gekostet, denn leider hat FreeCAD hier meiner Meinung nach einen Programmfehler. Es war nicht möglich ein Kreissegment direkt an die unteren Anschlusspunkte anzusetzen. Ich habe dann einen Umweg gewählt: Erstellung des Segments „auf der grünen Wiese“ und danach Ankoppeln an die Punkte. So ging es dann. Natürlich wird auch hier aufgepolstert. Da die Wappenfläche höher wurde, musste natürlich auch der Rahmen höher werden. Er steht 2mm über die Wappenfläche heraus.
Der Querbalken. Trivial!
Ohne Erklärung fast nicht erkennbar. Das ist die Skizze für den Stab durch den Querbalken. Die Ausrichtung ist ja senkrecht auf der x/y-Ebene. Die Aufpolsterung entspricht der Länge des Stabes.
Nur mit Mühe erkennbar: Das sind die beiden Laschen links und rechts am Balken.
Die beiden Löcher im Balken sind hier zu sehen. Hier wird eine Tasche gebildet und kein Polster. Es soll ja Material wegnehmen.
Bezüglich des Bildes ist das mein Favorit. Die Konstruktionsskizze der beiden Hörner. Da habe ich mich für eine Methode entscheiden müssen: Entweder Extrudieren eines Kreises mit Zuschnürung entlang eines Pfades oder flache Konstruktion.
Rein aufgrund der Dimensionen des Wappens habe ich mich für die einfachere Methode entschieden. Man würde später im fertigen Ergebnis kaum den Unterschied sehen.
Also habe ich pro Seite zwei Kreissegmente oben und unten jeweils mit einer Geraden geschlossen. Die Kreissegmente haben unterschiedliche Radien, damit man die Dicke am unteren Ansatz hinbekommt. Zudem war es notwendig die Mittelpunkte der Kreissegmente gegeneinander zu versetzen.
Bleibt noch der Oberteil des Stabes. Er wurde aus der Differenz einer Kugel und eines Zylinders im Oberteil (dadurch ergibt sich die Halbkugel) und einem Kegelsegment im Unterteil erstellt. Der Einfachheit halber habe ich hier Primitives genutzt anstatt sie aufwändig zu konstruieren.
Zwei Ansichten des Ergebnisses:
Die Konstruktion wurde dann als Mesh in Form einer stl-Datei exportiert und in Simplify3D gesliced. Um möglichst glatte Oberflächen zu erhalten, habe ich mich für eine Layerdicke von 0,18mm entschieden.
Die folgenden Fotos stammen aus drei konstruktiv verschiedenen Ansätzen, deshalb sind sie geringfügig unterschiedlich.
Jetzt kommt der Teil, den die Kerzenherstellerin und mein Kollege verantworten. In eine Schale wird Wasser eingefüllt. Da kommt ordentlich Spülmittel herein und wird vermischt. Silikon wird aus der Pistole in das Wasser gedrückt. Durch das Trennmittel (Spüli) verklebt die Würste nicht.
Mein Druck wird „zu Wasser gelassen“ und dann presst man eine Silikonwurst neben die andere auf die Wappenseite auf. Luft- und Wasserpolster sollten natürlich ausgepresst werden um Hohlräume zu vermeiden. Dann nimmt man das so bedeckte Wappen aus dem Wasser und lässt es ein bis zwei Stunden trocknen. Fertig ist die Silikonform des Wappens als Negativ.
In diese Form wird nun Wachs gegossen. Das hält sie aus! Abkühlen lassen und mit entsprechendem Goldlack versehen.
Die fertige Kerze sieht dann so aus. An den kleinen Beschädigungen bin ich übrigens schuld. Die Kerze und das Wappen waren bei Übergabe tadellos. Der Transport nach Hause war das Problem.
Frau Gerhart fertigt natürlich noch diverse andere schöne Kerzen unter dem Namen „a vela“. Wie man sich ja denken kann ist vela der spanische Begriff für eine Kerze. Sicherlich freut sie sich darüber, wenn Sie eine Kerze bei ihr kaufen.
Hallo!
Interessantes Anwendungsbeispiel für 3D Drucker. Wie lange hat die FreeCAD Arbeit ungefähr gedauert?
Ein Bild von der Silikonformherstellung wäre für mich auch interessant gewesen. Ich konnte mir anhand des Textes zwar etwas vorstellen, aber wer weiß, ob ich es nicht doch falsch verstanden habe.
Was meinst Du für Beschädigungen? Das der Goldlack an einigen Stellen ab ist? Oder die ungleichmäßigen Kanten der Kerze? Für mich sieht die intakt aus. 🙂
Gruß,
Christian
Von der Herstellung der Silikonform habe ich leider kein Bild, da ich das nicht selbst gemacht habe. Letztendlich wird aber einfach Silikon aus der Kartusche in Wasser gedruckt, dort dann geknetet und auf die gedruckte Form aufgebracht. Es gibt auf Youtube diverse Filmbeispiele dazu.
Die Bearbeitung in FreeCAD ist stark davon abhängig ob man Erfahrung in CAD hat oder nicht. Es ist wichtig, dass man das Zielobjekt in primitive Einzelformen zerlegen kann und daraus dann das Ganze zusammenfügen kann. Ich arbeite nur gelegentlich an CAD-Aufgaben und habe inklusive 2maligem Nacharbeiten etwa 3 Stunden gebraucht, wenn ich mich noch richtig erinnere. Meine Devise bei solchen Sachen ist immer: Einfach mal probieren.