Bisher habe ich meine SLA-Drucke immer mit einem kleinen Seitenschneider (Mikro-Drahtschneider, Printzange) von den Stützstrukturen befreit. Das endete jedemal damit, dass ich hinterher in meinem Arbeitraum überall Teile der Stützstruktur zusammenräumen musste, weil die Teile so fürchterlich umhergespritzt sind. Da konnte ich noch so gut aufpassen. Irgendwann las ich dann eine Ankündigung von Proxxon für ein Ultraschallmesser. Der Preis liegt bei etwa 400€ für das Teil. Macht das Sinn?
Ich habe mir dann tatsächlich so ein Messer gekauft. Allerdings habe ich nicht das Proxxon-Messer gekauft, sondern das phrozen sonic saber. Martialischer Name, der gleich Assoziationen weckt:
Naja, es ist kein Lichtschwert und die die Klinge ist auch deutlich kürzer.
Was ist nun das Besondere an einem Schall- oder sogar Ultraschallmesser? Ein sehr kleines Messer, – normalerweise eine wechselbare Klinge, wird durch eine sehr hohe Frequenz in Schwingung gebracht. Die Schwingungsrichtung verläuft in Griffrichtung. Durch eine abgeschrägte Klinge erreicht man die optimale Wirkung. Das Griffstück mit der Klinge ist an einen externen Trafo mit Halter für das Griffstück angeschlossen. Das Griffstück hat einen kleinen Taster, mit dem die Klinge in Schwingung gebracht wird. Der Trafo wiederum hängt an der Hausstromversorgung. Soweit die Theorie.
Da ich bei meinen ersten Versuchen gerade keinen SLA-Druck (Flüssigharz) bearbeiten musste, probierte ich das Messer an eine PET-G-Druck aus. Da erlebte ich dann gleich eine Überraschung, denn anstatt „butterweich“ durch das Material zu schneiden, was ja meine Erwartung war, schmolz der Kunststoff auf und wurde an der „Schnittstelle“ teigig. Zieht man jetzt das Messer aus der Schnittstelle, bleibt sogar Kunststoff an der Klinke kleben. Das ist zunächst mal ärgerlich. Nach ein paar Versuchen hatte ich dann aber den Bogen raus, wie man das Messer einsetzen kann. An dieser Stelle schon mal ganz klargestellt: Für FDM-Drucke, also Drucke mit Kunststoff-Filament, ist so ein Ultraschallmesser eher nicht sinnvoll, aber es geht. Beispielsweise habe ich die verunglückten Köcher aus dem vorherigen Beispiel damit gekürzt, was zumindest mal eine staubfreie Aktion war.
Heute war es dann soweit, dass ich einen SLA-Druck zu bearbeiten hatte. Kurz gespoilert: Hier ist das Messer einfach genial! Die Stützstrukturen lassen sich wie Butter durchtrennen und es fliegen keine Teile mehr durch die Gegend. Man kann sehr präzise Arbeiten. Reste an dem Druckmodell lassen sich komfortabel und sauber entfernen. Verschiedene Arbeitmodi lassen sich hier anwenden:
- Direktes Durchscheiden eine Stützstruktur
- Schichtweises Abnehmen von Material in geringsten Stärken und daher sehr präzise
- Grobes Entfernen größerer Problemstellen durch einfaches senkrechtes mehrfaches Einschneiden der betreffenden Stelle
- Eine Art Schleifmodus. Das muss man allerdings erst vorsichtig angehen, denn das Messer nimmt ordentlich was weg, wenn man nicht Acht gibt.
Ich habe sowohl direkt nach dem Druck, also ohne Aushärtung am Modell gearbeitet als auch nach Aushärtung. Es geht nach dem Aushärten vielleicht etwas besser.
Aber es sollten auch die Nachteile neben dem exorbitanten Preis genannt werden: Zumindest die mitgelieferten Klingen sind recht kurz. Kennst Du von den kleinen Cuttermessern ein einzelnes Segment, dass man abbrechen kann, wenn es stumpf ist. So ein Segment dient als Klinge. Aufgrund der sehr geringen Länge, ist man in der Reichweite an einem Modell etwas eingeschränkt. Da die Fassung aber nur aus einer Klemmschraube besteht, kann man sich natürlich nach geeigneteren Klingen umschauen. Auch der zweite Nachteil darf nicht verschwiegen werden. Beim PET-G schmolz das Material auf und man hat schlimmstenfalls etwas Geruchsbelästigung. Zumindest nach dem Aushärten des Kunstharzes hat man aber das Problem, dass hier extrem feine Stäube beim Schneiden entstehen. Die sind natürlich fernab von „gesund“. Man muss also mindestens mit Staubschutz vor Mund und Nase arbeiten. Keinen Unterschied macht es bezüglich der sonstigen Schutzausstattung. Ein Augenschutz ist unbedingt anzulegen und die Kleidung sollte ebenfalls passend gewählt bzw. geschützt werden. Ein letzter Punkt ist die Ergonomie. Die Position und Größe des Tasters um das Messer zu aktivieren könnte deutlich besser sein. Man muss sich da etwas gewöhnen. Eine LED am Messergriff zeigt die Funktion aber an.
Ich habe den Kauf nicht bereut. Speziell nach der SLA-Druck-Bearbeitung bin ich von dem Messer begeistert. Das Bearbeiten von thermoplastischen Kunststoffen vom FDM-Druck ist stark abhängig von der Anwendung und stellt für mich keinen Grund dar, um das Messer zu kaufen.
Das von mir benutzte phrozen-Messer ist unter diesem Link zu finden:
Das proxxon-Messer ist unter diesem LInk zu finden:
Und wie immer an dieser Stelle der Hinweis: Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Für den Käufer ändert sich der Preis dadurch nicht.
Weitere Fragen beantworte ich gern. Ich hatte keine rechte Idee, wie ich sinnvolle Bilder oder Videos davon erstellen könnte. Deshalb ist dies mal ein sehr textlastiger Beitrag.