Ihr habt den Titel schon richtig gelesen. Ich will hier beschreiben, wie eigentlich 3D-Druck funktioniert. Mir ist schon klar, dass sich ein großer Teil meiner Leserschaft bei dem Gedanken gähnend zurücklehnen wird. Die Artikelreihe soll aber eben nicht für die Spezialisten sein, sondern für den blutigen Anfänger oder auch einfach nur für den Interessenten, der schon immer mal wissen wollte, wie das eigentlich funktioniert. Nebenbei erfülle ich damit ein paar Anfragen in dieser Richtung.
Ein absolute Beginner Tutorial.
Additives Verfahren
Der 3D-Druck, – der Druck in drei Dimensionen -, ist ausnahmslos ein additives Fertigungsverfahren. Das heißt ganz einfach, dass da am Anfang gar nichts ist und ich nach und nach das gewünschte Werkstück aus einem Material durch ständiges Hinzufügen erzeuge. Der 3D-Druck steht im Ruf, jegliche Formen herstellen zu können, die mit anderen Fertigungsverfahren nicht realisierbar wären. Viele Industriezweige, wie zum Beispiel die Luftfahrtindustrie nutzen 3D-Druck daher in ihren Prozessen. Industrielle Anwendung findet das Verfahren aber auch in der Kleinserie und ganz besonders im Prototypenbau. Eigentlich gibt es keinen Bereich, der mit Sicherheit nicht mit 3D-Drucktechnik realisiert werden könnte. Täglich werden die Einsatzgebiete ausgeweitet. Deshalb besteht auch die große Sorge in der Industrie, dass das Ersatzteilwesen eines Tages revolutioniert werden könnte, die Konsumenten alle notwendigen Ersatzteile selbst drucken und die Industrie ein Millionengeschäft verlieren würde. Tendenzen dazu gibt es schon. Man besuche und durchforste einfach nur mal Internetseiten wie thingiverse.
Im Gegensatz dazu stehen subtraktive Verfahren, wie zum Beispiel Drehen und Fräsen, die aus einem vorhandenen Werkstück Teile entfernen um die gewünschte Form zu erreichen.
Grundprinzip des FDM-Druckes
Fused Deposition Modeling, abgekürzt FDM, erzeugt aus der schichtweisen Ablage von geschmolzenem Kunststoff ein gewünschtes Werkstück. Das war mal die Grunddefinition. Heute wird längst nicht mehr nur Kunststoff sondern auch aus speziellen Metallen nach dieser Methode gefertigt. Selbst Konditoren haben mittlerweile das Verfahren für sich adaptiert und formen munter aus Schokolade und anderen Lebensmitteln.
Es gibt weitere 3D-Druckverfahren. Für den Einstieg empfiehlt sich aber dieses Verfahren, da es preisgünstig und ohne erheblichen Aufwand realisierbar ist.
Bleiben wir beim Kunststoff, der tatsächlich einfachsten Form des FDM-Druckes. Der Einstieg erfolgt über ein Werkzeug, dass wohl seit Jahren jeder kennt:
Die Heißklebepistole hat wohl ihren Siegeszug durch alle Haushalte erfolgreich abgeschlossen, weil sie an Praktikabilität für das Zusammenfügen von Komponenten kaum zu übertreffen ist. Das Prinzip ist sehr einfach. Im Kopf der Klebepistole befindet sich eine Heizung, die den Klebestick nur am vorderen Ende erhitzt. Die so gewonnene flüssige Klebmasse wird durch einen Transportmechanismus durch die Düse gedrückt. Vorn kommt dadurch ein Klebeklecks heraus. Zieht man die Düse über den Untergrund, bildet sich je nach Geschick eine einigermaßen gleichmäßig dicke Klebewurst.
Hurra! Du hast die Grundlagen des FDM-3D-Druckes durchdrungen!
Komponenten des Systems
Schauen wir uns nochmal die beteiligten Komponenten an:
- Düse
- Heizung
- Transportmechanismus für Klebestick
- Klebestick
- Führung der ganzen Apparatur (eigene Hand)
- Klebstoffwurst (als Ergebnis)
Eine wichtige Erkenntnis dabei ist, dass der Klebestick in seiner Lieferform im Durchmesser meist zu breit wäre. Die Klebewurst (man verzeihe mir diesen Ausdruck, aber es passt nunmal) ist deutlich dünner im Durchmesser. Darüber hinaus wird gern bei solchen Betrachtungen vergessen, dass es die eigene Hand ist, die die Position der Düse und damit der Klebstofflage bestimmt. Das wird später nochmal wichtig.
Filament – Das Verbrauchsmaterial für den 3D-Druck
Das Material des Klebesticks wird geschmolzen, fließt aus der Düse und erkaltet dann wieder. Prinzipiell könnte man das erkaltete Material wieder aufschmelzen und wieder in eine neue Form bringen. Viele Kunststoffe lassen dieses kleine Kunststück des Schmelzens, Erstarrens und wieder Schmelzen und Erstarren bei richtiger Behandlung mehrfach zu. An dieser Stelle sei erwähnt, dass Fehldrucke bei geeigneter Behandlung durchaus wieder zum Ausgangsmaterial werden können.
Wer die Klebepistole schon benutzt hat, wird das Dilemma kennen. Der Klebestick ist eigentlich immer genau dann verbraucht, wenn man gerade mitten bei der Arbeit ist. Meist ist dann „praktischerweise“ auch kein Nachschub in Griffnähe. Bei einer automatisierten Maschine wäre das schlecht. Deshalb wird Filament auf Rollen geliefert. Üblicherweise enthält so eine Rolle ein Kilogramm Filamentfaden. Der Durchmesser des Klebesticks liegt in etwa bei 7mm. Abweichungen nach oben oder unten von einem Millimeter stören kaum, unrunde Querschnitte sind ebenfalls kein Problem. Beim Filament sieht das anders aus. Aktuelle Filamentspulen und die Drucker dazu sind auf Durchmesser von 1,75mm festgelegt. Die Hersteller überbieten sich gegenseitig mit der Zusicherung von minimalen Abweichungen. Und tatsächlich: Das spielt eine nicht unwesentliche Rolle im 3D-Druck. Dazu aber später mehr.
Dies ist so eine 1kg-Spule mit Filament. Es gibt diverse Kunststoffe, die in Filamentform geliefert werden und alle ihre Berechtigung für unterschiedliche Anwendungen haben. Dies ist PLA (Polyactide), dass durch ein spezielles Verfahren aus Maisstärke gewonnen wird. Es gehört zu den biologisch abbaubaren Kunststoffen. PLA ist sehr gut für den Anfänger geeignet, da sehr anspruchslos in der Anwendung. Das Material eignet sich vor allem für künstlerische Anwendungen wie beispielsweise Skulpturen. Für konstruktive Anwendungen ist es aufgrund seiner Spröde kaum geeignet.
Der Druckkopf für den 3D-Druck
Der Standard Druckkopf eines 3D-Druckers ist im Wesentlichen wie die Klebepistole aufgebaut:
Auf der linken Seite des Bildes sieht man das zugeführte Filament. Es läuft als erstes durch eine Schnellkupplung, die für die ordnungsgemäße Zuführung von Filament gebraucht wird. Der gelbe Block ist der Thermoblock. Hier sind sowohl das Heizelement als auch ein Messfühler installiert. Der Messfühler gibt der steuernden Elektronik die Temperatur zurück, damit der Block auf einer eingestellten Temperatur gehalten wird. In den Thermoblock ist die eigentliche Druckdüse eingeschraubt. Das ist das messingfarbene Teil rechts vom Thermoblock. Die Standarddruckdüse hat auf der Zugangsseite eine Bohrung mit 1,75mm Durchmesser. Auf der Druckseite beträgt die Öffnung nur 0,4mm. Die meisten Druckdüsen werden aus Messing gefertigt. Thermoblock und Düse zusammen werden üblicherweise als Hotend bezeichnet.
Der rote gerippte Block ist die erste Besonderheit beim modernen 3D-Druck. Vor diesem Kühlkörper wird ein kleiner Ventilator in Betrieb gebracht. Ventilator und Kühlkörper sorgen dafür, dass die Temperatur im Zuführungsbereich niedrig bleibt. Sinnigerweise spricht man hier vom Coldend. Würde das Filament schon in diesem Bereich weich werden oder gar schmelzen, könnte man es nicht mehr durch die Düse drücken. In der Mitte zwischen rotem Kühlkörper und gelbem Heizblock befindet sich der Heatbreak. Der Bereich ist absichtlich schmal gehalten, um nochmals gegen die Hitze zu arbeiten. Die Gewinde oben und unten sind einfach nur konstruktiv bedingt als Befestigung gedacht. Der gesamte hier abgebildete Druckkopf ist etwa 62mm lang, 22mm breit und 12mm dick.
Extruder für den Filamenttransport
Jetzt bleibt noch die Frage, wer das Filament durch das Hotend drückt. Bei der Klebepistole ist es üblicherweise die Hand, die den notwendigen Druck gegebenenfalls über ein kleines Getriebe erzeugt. Beim 3D-Druck nennt man dieses Bauteil Extruder.
Von außen betrachtet gibt der Extruder, hier eine Sonderform, nichts von seinen inneren Werten preis. Er liegt Längenmäßig wieder im Bereich des Druckkopfes, ist aber wesentlich dicker und breiter (52mm lang plus Hebel, 42mm breit, 34mm dick).
Durch den eingefrästen Kanal im unteren Bereich wird das Filament geführt. Durch Federkraft wird es zwischen den beiden Achsen eingepresst. Mit einem Motor wird über das hier sichtbare Getriebe der Vorschub realisiert. Das weiße Zahnrad oben im Bild ist mit dem Motor verbunden.
Dies ist nur eine Variante eines Extruders. Es gibt diverse Techniken um einen sicheren Transport des Filaments sicher zu stellen. Dies ist auch eine Spezialität des ganzen Hobbies 3D-Druck. In der sogenannten MAKER-Szene wird von enthusiastischen Tüftlern viel ausprobiert. Sowohl das selbst konstruieren und produzieren von Teilen des Druckers, als auch das Veröffentlichen einerseits und andererseits das Austesten fremder Konstruktionen sind wesentlicher Bestandteil dieses faszinierenden Hobbies. Zu Beginn, etwa um 2010 herum, musste noch alles selbst konstruiert und gebaut werden. Fertige Drucker für den Privatsektor gab es noch nicht. Heute sieht es schon anders aus. Die meisten Interessenten fangen mit einem Fertiggerät an. Wenn sie dabei bleiben, kommt eventuell der Punkt, an dem eigene Ideen und Wünsche zur Umsetzung kommen.
In Grundzügen war dies die Erklärung, was einen Druckkopf für den 3D-Druck ausmacht. Einen 3D-Drucker haben wir deshalb noch lange nicht. Von unserer Liste der Systemkomponenten der Klebepistole fehlt noch ein wesentlicher Teil. Wir erinnern uns:
Düse |
entspricht | Druckdüse |
Heizung |
entspricht |
Heizblock |
Transportmechanismus für Klebestick |
entspricht |
Extruder |
Klebestick |
entspricht |
Filament |
Führung der ganzen Apparatur (eigene Hand) |
entspricht |
noch keine Entsprechung |
Klebstoffwurst (als Ergebnis) |
entspricht |
Filamentfaden |
Die Frage, die noch unbeantwortet bleibt ist, wie wird der Druckkopf bewegt, um den erzeugten Druckfaden auch nutzen zu können. Im nächsten Beitrag dieser Reihe werde ich das erläutern.
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